Die Bestrahlung

Wie ich mir die Bestrahlung anfangs so vorgestellt habe…. Natürlich war das totaler quatsch. Als ich Anfang Oktober das Aufklärungsgespräch hatte, wurde ich zuerst einmal über diverse mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt. Alles kann, nix muss. Da bei mir die linke Seite betroffen ist und der Tumor auch recht nah am Herzen lag, bot sich für mich die Möglichkeit an einer atemgesteuerten Bestrahlung im Rahmen einer Studie (Gattum) teilzunehmen. Diese Art der Bestrahlung soll schonender für das Herz sein.

Es folgte ein Planungs-CT und ein Studiengespräch, bei dem ich ein paar Fragebögen ausfüllen musste.

Und ich hab meine „Markierungen“ bekommen. Frei nach dem Motto „Hey, was geht ab, bunter Edding schon mal nicht“. Soll und darf er auch nicht. Keine Körperkunst. Dafür aber schwarze, rote und grüne Striche, die mich die nächsten Wochen auf meiner letzten Etappe der Akuttherapie begleiten sollten.

Start der Bestrahlung war am 02.11.2020 um 10 Uhr, im 2. UG der Klinik meines Vertrauens. „Alles wird gut“ – mit dieser Botschaft wurde ich schon mal im Aufzug begrüßt. Jawohl!! Und statt Palmentod und Pflanzentrauer erwartete mich ein fröhliches Einhorn samt Flamingo im Wartebereich. Na, da wartet man doch gern. Mit friedhofsblonder Frise, eigenen Augenbrauen und Wimpern.

Zuerst fand ein kurzes Arztgespräch statt und dann ging’s auch schon los. Das Gerät wurde eingestellt und nach paar Mal „einatmen – Luft anhalten – weiter atmen“ war es auch schon erledigt. Ursprünglich waren 28 bis 30 Bestrahlungen angedacht, aber nun sollten werden es doch „nur“ 16 hypofraktionierte Bestrahlungen plus 5 Boost werden. Jippee-Hurra! Das heißt auch, ich kann meine „2020 – This Party Is Shit-Kiste“ definitiv zukleben und ganz weit weg verfrachten.

Nach dem ersten Drittel der Strahlentherapie schlug mir mein grübelndes Köpfchen wieder mal ein Schnippchen. Bei dieser Art der Bestrahlung werden die Lymphabflusswege nicht mit bestrahlt. Auf Nachfrage warum, da die Leitlinien eigentlich was anderes sagen, wurde mir gesagt dass ich trotz Triple Negativ und High Grade nicht als High Risk gelte, weil: Die Chemo ja so supi dupi angeschlagen hat und wohl auch wegen der PCR. Genau sagen konnte sie es mir doch nicht, war aber wohl eine durchaus berechtigte Frage, hat sie gesagt. Und weil auch meine Ängste anscheinend nicht unbegründet sind und die Ärztin so wunderbar emphatisch war, wurde das Gespräch gleich noch mit “2 von 100 Frauen haben ein Rezidiv oder Metastasieren” beendet. Danke. Für nichts! Und mein Gedankenkarussell, ja das drehte sich immer schneller, auf dem Niveau der “Leoparden-Spur”, nix mehr Kinderkarussell. Wie schafft man das bloß, diesen Gedankenscheiß aus dem Hirn zu bekommen? Ich hatte das Gefühl, das Loch unter mir wird immer tiefer und die Möglichkeiten mich irgendwo festzuhalten immer weniger. Diese Krankheit macht mich innerlich kaputt. Ich will da raus, will leben, alt werden, auch mal eine Oma sein, auf der Hochzeit meiner Tochter tanzen, das Leben genießen. Ängste, Ängste, Ängste. Ohne Ende. Immer und immer wieder.

Und langsam fingen dann auch die typischen Nebenwirkungen der Bestrahlung an. Die Brust wurde immer wärmer, die Haut von Tag zu Tag röter. Es wurde unangenehm und brannte. Sie war geschwollen und sehr empfindlich. Ein dunkles Viereck vom Brustbein über die gesamte linke Brust bis unter die Achsel. Die Brustwarze war entzündet und ich hatte ein paar kleine offene Stellen. Am 03.12.2020 war es dann soweit. Bestrahlungsende! DIE LETZTE!!! Im Vergleich Zur Chemo war es tatsächlich ein Spaziergang. Keine Übelkeit, keine Müdigkeit, nur verbrannte Haut, aber ab sofort durfte ich cremen und schmieren was das Zeug hält!

Auf Wiedersehen! Tschö mit „Ö“! Tschüssikowski!

Eine kurze aber durchaus hitzige und intensive Beziehung geht zu Ende. Du warst nur Mittel zum Zweck, mehr aber auch nicht. War auch eher einseitig. Und nein, wir können keinen Freunde bleiben. Sorry Not Sorry! Trotzdem danke für alles! Mach’s gut, ich mach’s besser!