Maximale Sicherheit

Maximale Sicherheit

Meine Akuttherapie ist nun schon seit knapp 4 Monaten beendet. Schon unmittelbar danach fühlte ich mich total leer und fast sogar im Stich gelassen. Während der Therapie-Phase wird man regelmäßig, in doch recht kurzen Abständen „kontrolliert“, bekommt einen genauen Fahrplan und kann seine Meilensteine abhaken. Man wiegt sich in Sicherheit. So steht man nach Abschluss irgendwie alleine da. Die letzten Worte aus dem Brustzentrum nach Chemo bzw. OP waren: „Herzlichen Glückwunsch, Komplettremission, wir sind jetzt raus. Ab sofort ist ihr Gynäkologe wieder zuständig“. Und würde ich nicht an dieser Bestrahlungs-Studie teilnehmen, wäre diese Nachsorge wohl auch eher nix.

Das vermittelt einem ja schon so bisserl das Gefühl, dass man als aktiver Krebspatient noch so halbwegs an der Hand geführt wird, sobald das Ganze aber abgeschlossen ist man auf sich selbst gestellt. Es fehlt so eine Art Leitfaden, sowas wie „Krebs – vor, während und danach“. Vor allem für die erste Zeit danach. Gut, wäre meine Reha eine gescheite gewesen, hätte ich vermutlich einiges an die Hand bekommen. Zum Glück gibt es den Austausch mit anderen Krebsbloggern oder Online-Selbsthilfegruppen. Ohne diesen wäre vieles an wichtigen Informationen im Unbekannten geblieben. Wobei man da auch wiederum sagen muss, dass hier die Meinungen teils auch weit auseinander gehen, weil eben auch jeder Arzt, jede Klinik, etc. unterschiedliche Herangehensweisen hat. Warum auch immer.

Nehmen wir mal das Beispiel Bestrahlung und Hautpflege: Mir wurde gesagt, ich darf ganz normal duschen und auch eincremen aber ausschließlich mit Bepanthen und das auch nur 4 Stunden nach Bestrahlung. Unmittelbar davor bitte nicht. Ich sollte nur aufpassen, dass die Markierungen nicht abgehen. Und da scheiden sich schon die Geister. Blos nicht duschen, auf gar keinen Fall eincremen und Deo sowieso nicht.

Noch viel spannender finde ich das Thema Nachsorge. Wer macht das denn jetzt genau? Nur der Frauenarzt? Und was ist mit onkologischer Nachsorge? Immer wieder liest und hört man von Tumormarkern, Oberbauch-Sono hier, Onkologe da. Und was kann ich zusätzlich überhaupt noch tun, was steht mir zu?

Eigentlich, also so ganz eigentlich steht das ja in den Leitlinien (aber mal ganz ehrlich, wer bitte liest sich dieses 200-Seiten-Dokument schon ganz genau durch?):

S3-Leitlinie Mammakarzinom

6.4 Nachsorge und Langzeitbetreuung – Empfehlungen / Statements

  • Die Nachsorge bei Patienten und Patientinnen mit Mammakarzinom beginnt mit der abgeschlossenen lokoregionären Primärbehandlung. Sie besteht aus Anamnese, körperlicher Untersuchung, ärztlicher Beratung, Betreuung und Begleitung sowie bildgebender Diagnostik zur Erkennung eines lokal- und lokoregionären Rezidivs und eines kontralateralen Mammakarzinoms. Bei auffälligem Befund ist die Nachsorge symptomorientiert zu konzipieren.

  • Bei Bedarf sind in die individuelle Nachsorge von Brustkrebspatientinnen und Patienten onkologisch versierte Fachärzte und auch andere Berufsgruppen, zum Beispiel Psychoonkologen, Physiotherapeuten, Lymphologen, onkologische Fachkrankenpfleger, Breast Care Nurses u. a. mit einzubeziehen. Der Patientin sind je nach individuellem Bedarf Informationen über die Möglichkeiten der weiteren Beratung und Betreuung u.a. Angebote der Selbsthilfe zu vermitteln.

Zeitplan Brustkrebs Nachsorge der AGO

Empfohlener Zeitplan Brustkrebs Nachsorge der AGO

Empfehlung AGO: PatientInnen mit einem HER2-positivem Brustkrebs und TNBC haben ein höheres Risiko und sollten daher in den ersten Jahren der Nachsorge eine intensivere Überwachung erhalten.

Schön. Viel Info. Aber so wirklich sagen oder erklären tut es einem keiner. Natürlich hab zu Beginn meiner Diagnose diverse Broschüren und Heftchen in die Hand gedrückt bekommen (vermutlich fällt das unter den Punkt „Beratung und Betreuung“). Aber wer hat schon den Nerv sich das wirklich alles anzuschauen und bis ins Detail durchzulesen? Und dann ist da noch die Sache mit dem Verständnis. So ganz einleuchtend ist das alles auch nicht wirklich. Und was bedeutet das jetzt eigentlich? Was ist für mich die richtige Nachsorge?

Ich brauche MAXIMALE SICHERHEIT!

„Triple Negativer Brustkrebs (TNBC)“, ist ja schon besonders arschig und aggressiv. Gerade bei TNBC sind die ersten 2-3 Jahre kritisch, d. h. die Wahrscheinlichkeit, dass der Krebs wieder kommt, ist bei dieser Art von Brustkrebs in diesem Zeitraum sehr hoch (wollen wir es mal nicht hoffen). TNBC hat meist eine sehr hohe Teilungsrate, sprich er wächst sehr schnell. Und leider streut sehr gerne und sehr schnell in die Organe, bevorzugt in die Leber (auch das hoffe ich mal nicht). Ganz schlecht für die Psyche übrigens. Und wenn man sich die Standard-Nachsorge in meinem Fall mal so ansieht, bedeutet dies, dass ich in den ersten 3 Jahren alle 3 Monate zum Gyn gehe und meine Brust abgetastet wird. Selbstuntersuchung, also selbst abtasten monatlich. Mammographie bekomme ich einmal im Jahr zusammen mit einem Ultraschall. Das wars. Wenn man ehrlich ist, bedeutet das minimale Sicherheit. Für mich zumindest. Das mit der „individuellen Nachsorge bei Bedarf (s. oben)“ – darüber wird nicht geredet. Steht ja alles irgendwo.

Dem Austausch sei dank hab ich mich schlau gemacht nachgefragt, was da bei denen so auf dem Plan steht. Als erstes habe ich mich um einen ortsnahen Onkologen gekümmert, denn meine Chemo war ambulant in der Klinik. Onkologische Nachbetreuung = Null. Hab auch tatsächlich super schnell einen Termin bekommen. Und ich muss sagen, ich habe selten einen Arzttermin erlebt, bei dem man nicht als 5-Minuten-Zeitfenster abserviert sondern als Mensch mit Ängsten und Bedürfnissen ernst genommen wurde. Ich saß locker eine Stunde mit der Ärztin beisammen, sind alle Unterlagen durchgegangen, Blut wurde abgenommen und ein Oberbauch-Sono wurde ebenfalls gemacht, also ein Ultraschall von den Organen (Leber, Galle, Milz, Bauchspeicheldrüse, Magen, Nieren, etc.). Gottseidank entpuppten sich die Schmerzen, die ich seit einiger Zeit in der Lebergegend hatte als Gallenstein. Was für eine Erleichterung.

Auch das Thema Bisphosphonate (siehe auch separater Beitrag dazu) habe ich angesprochen. Sie befürwortete dies total. Im Gegensatz zu BrustkrebspatientInnen mit hormonell bedingtem und/oder HER2 positivem Brustkrebs habe ich mit Triple Negativem BK nämlich keine zusätzlichen Therapiemöglichkeiten wie z. B. einer Antihormon-Therapie oder Antikörper-Therapie. Da sind die Bisphosphonate für mich schon ein kleiner Strohhalm der mir Sicherheit gibt.

Dezente Ernüchterung beim Frauenarzt

Anfang Februar hatte ich meinen ersten von diesen vier Nachsorgeterminen. Wollte ich doch gerne einen Ultraschall von der Brust. „Das ist ja aber in den Leitlinien nicht vorgesehen.“ Ok, zahl ich gerne selbst. „Das muss man zeitlich einplanen.“ Also „nur“ Abtasten – gefühlt 1,5 Minuten pro Seite. Auch allgemein war der Termin eher ernüchternd. Hektisch. Wenig Zeit. Ganz schlecht für den Kopf. Also, neuen Termin mit Zeit für Ultraschall ausgemacht. So schnell wie der gewachsen ist, da reicht mir das Abtasten leider nicht. Der fand mittlerweile auch statt. Wie die Tage davor waren, also kopfmäßig gesehen, brauche ich nicht genauer beschreiben. Anspannung hoch zehn. Aber – alles super, kein auffälliger Befund. Und zack waren auch die Kopfschmerzen weg… Im Juni folgt dann die erste Mammographie nach Therapieende und Anfang Juli der nächste Besuch beim Onkologen.

Maximale Sicherheit hab ich – zumindest bis Juni…