Gedankenkarussell

Gedankenkarussell

Irgendwie ist gestern die Stimmung gekippt. Je mehr mein Hirn sich damit „abgefunden“ hat, dass ich Krebs habe, desto mehr Zeit hat dieses anscheinend, sich Gedanken über alles Mögliche zu machen: Was, wenn man das nicht in den Griff bekommt? Was, wenn die Ärzte das doch nicht hinbekommen? Was, wenn am Mittwoch bei der Untersuchung rauskommt, dass der Krebs gestreut hat, sich schon an anderen Stellen ausgebreitet hat? Was, wenn die Chemo nicht anschlägt? Was, wenn ich doch nicht gesund werde? Was, wenn ich vielleicht sogar sterben muss? Mein Kopf tut weh und ich habe das Gefühl – so blöd das jetzt auch klingen mag – dass mir der Tod im Nacken hockt. Ja, ich habe gerade eine scheiß Angst. Ich habe kaum noch Appetit, esse nur noch das nötigste, wenn mein Magen kurz vorm verkrampfen ist. Danach ist mir einfach nur schlecht.

Gestern Abend habe ich mich ein klein wenig mit den vorliegenden Informationen beschäftigt: Was eine Chemotherapie für meinen Alltag bedeuten kann oder welche Nebenwirkungen diese hat. Warum man dieses Teufelsding überhaupt bekommen kann. Wie man positiv auf die Therapie einwirken kann, usw.. Und auch da geht das Gedankenkarussell gleich weiter. Aber das sind eher egoistische, fast schon selbstmitleidige Gedanken, wie z. B. „auf dieses oder jenes Festival oder Konzert kann ich jetzt nicht gehen“, „mit den Katzen muss ich jetzt auch aufpassen“, „da kann ich mich ja gleich zu Hause einsperren und brauch gar nicht mehr raus gehen“, „hätte ich damals dies nicht, hätte ich jenes nicht, hätte-hätte-Fahrradkette“. Die Vernunft sagt mir schon irgendwie dass das Meiste quatsch ist, mein Verstand aber gerade noch nicht.

Sport darf ich machen, soll ich sogar. Ist wichtig. Ende letzten Jahres hatte ich mich zusammen mit zwei Freundinnen sogar für einen 10-km-Lauf angemeldet für Ende Juni. Ob ich es schaffe, keine Ahnung. Ich weiß ja auch noch nicht, wann es mit der Chemo losgeht und wie lange sie dauert. Aber ein Ziel zu haben ist ja schon mal nicht verkehrt. Ich warte nur noch auf den Moment, wo es „Klick“ macht und ich mich auch dazu aufraffen kann.

Der Tag heute ist noch jung. Das Wetter bescheiden. Meine Stimmung im Keller. Paar Mädels kommen heute Nachmittag vorbei, das lenkt mich hoffentlich etwas ab.